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Editorial Virginia Nr. 75 (Frühjahr 2025)

 

Liebe Leserinnen,

Die Bundestagswahl liegt hinter uns – mit einem zwar nicht wirklich überraschenden, aber dennoch sehr beunruhigenden Ergebnis, was den Rechtsruck der Gesellschaft betrifft. Die vielbeschworene Brandmauer der demokratischen Parteien gegenüber den Rechtsextremen ist bereits durchlässig geworden. Dass direkt nach der Wahl im Bundestag eine Kleine Anfrage der CDU-Fraktion über die »politische Neutralität staatlich geförderter Nichtregierungsinstitutionen « wie den Omas gegen Rechts, Campact oder das Recherchenetzwerk Correctiv gestellt wurde, hat zudem bereits eine gewisse Ähnlichkeit mit der Vorgehensweise Trumps. Und der Blick über den Atlantik gibt – auch was die Ukraine betrifft – noch weniger Grund zur Freude. Außerdem werden überall Gelder gekürzt, ob in der Kultur oder im Jugend- und Sozialbereich.

Das politische und gesellschaftliche Klima ist kalt geworden und manch eine ist in Schockstarre verfallen und möchte sich am liebsten in den Winterschlaf begeben, um der täglichen Flut deprimierender Nachrichten zu entgehen. Aber jetzt den Kopf einzuziehen – keine gute Idee. Oder, um Marie von Ebner-Eschenbach zu zitieren: »Wenn die Zeit kommt, in der man könnte, ist die vorüber, in der man kann.« Die Omas gegen Rechts, Campact und Correctiv und alle anderen, die sich in den letzten Wochen dem Rechtsruck entgegengestellt haben, sind auf der richtigen Spur, das zeigen die empörten Reaktionen.

Und für die kleinen Fluchten, für das Durchatmen und Mutschöpfen gibt es die Literatur. Deshalb freuen wir uns, zum nahenden Frühling (!) eine Virginia mit vielfältigen Stimmen aus den verschiedensten Ländern und Epochen präsentieren zu können. Wir besprechen in dieser Ausgabe Romane zeitgenössischer Autorinnen von Georgien bis Kamerun, beschäftigen uns mit einer Dichterin aus dem 10. Jahrhundert, mit Wiederentdeckungen aus dem beginnenden 20. Jahrhundert, mit europäischen Frauen im Widerstand, mit verbotener Frauenliebe während der NS-Zeit und mit feministischer Außenpolitik. Rezensiert wird auch das neue Buch von Virginia- Redakteurin Doris Hermanns über die Frauen- Buch-Bewegung, Sand im patriarchalen Getriebe. Es geht darin natürlich um die Geschichte der Frauenbuchläden und Frauenverlage, aber auch um die Geschichte der Virginia selbst.

Über die Nominierung von Esther Dischereits Roman Ein Haufen Dollarscheine für den Preis der Leipziger Buchmesse freuen wir uns sehr und gratulieren sehr herzlich! Wir hoffen, mit unseren Rezensionen und der Neuerscheinungsliste wieder zahlreiche Anregungen zu geben und wünschen viel Spaß bei der Lektüre!